Zuhause ist es eben am Schönsten!
8. August 2022
Es ist aufregend, zu wissen, man darf heim, und zwar hoffe ich, dass ich das Spital mit seinen unbequemen Betten, mit dem ungewohnten Essen, mit den Störungen in der Nacht und den anderen Kranken, die, gewollt oder ungewollt, halt nicht zu einem gesunden Klima beitragen, für lange lange Zeit nicht mehr sehen werde… Meine weiteren Spitalaufenthalte sind neuerdings ambulant geplant, ein Tag pro Woche in der Tagesklinik… das wird gehen!
Normalität ist das, was ich brauche. Mein Zuhause, Leo, Käffele mit Hampi, kochen und waschen…
Ein Gespräch mit Freunden, über Gott und die Welt, nicht über Krankheit… die darf zwar auch Platz haben, so ist es nicht, aber sie darf nicht einnehmend sein.
Es ist unwahrscheinlich, wie oft ich konfrontiert werde mit Menschen, die mich auf meinen schlimmen Zustand ansprechen. Ich staune dann, denn ich empfinde meinen Zustand alles andere als schlimm, ich hab so viel überstanden! Der Ernährungsberater in Liestal meinte, wie schrecklich so ein Stoma sei und wie leidvoll mein Leben nun ausschaue… Mir wuchs augenblicklich ein riesiges Fragezeichen aus der Stirn und ich fragte ihn, was er denn glaube, was ich jetzt tun solle… Ich kann im Dreieck hüpfen, ich kann toben und schreien, aber mein Stoma bleibt mir. Im Gegenteil. Es ist etwas, das mich zu einem anderen Menschen gemacht hat. Ich komme heute als eine andere heim als damals, als ich zur Chemotherapie eingerückt bin und keine Ahnung hatte, was ein Darmverschluss mit einem anstellt. Ich bin zutiefst dankbar, dass mein Körper diese Hürde genommen hat, dass man Därme einfach neu zurechtlegen und ein Teil davon ausserhalb der Bauchdecke annähen kann, sodass die Verdauung normal funktioniert, halt eben nicht mehr am gleichen Ort entsorgt wird.
Wir wissen ja aus dem ganz normalen Leben, dass wir es nie allen recht machen können. Ich glaube, es einem kranken Menschen „recht zu machen“ ist noch schwieriger. Jeder braucht etwas anderes, jeder reagiert anders und ich kann es nur so sagen, wie ich es von Menschen mit körperlichen Einschränkungen erfahren habe: seid so natürlich und so locker wie irgend möglich! Redet niemandem ein, dass sein Leben nun keinen Sinn mehr habe oder besonders schwer sei. Lasst den Kranken das selber entscheiden, denn auch hier gibt es grosse Unterschiede. Ich habe vom Pflegepersonal gehört, dass es Menschen gibt, die auch nach 1, 2 oder 3 Jahren ihr Stoma nicht akzeptieren können und deswegen grosse Probleme damit haben. Das tut mir im Herzen weh, denn sich gegen sich selber, gegen seinen Körper zu stellen, das ist schmerzlich. Ich habe das in den Jahren meiner Essstörung selber erlebt. Hass, der sich gegen einen selber richtet ist zerstörerisch und wisst ihr was? Auch hier siegt die Liebe, wie immer und überall. Noch so viel Hass kann die Liebe nicht zurückhalten.
Heute, mit meinem künstlichen Darmausgang kann ich meinem Körper zeigen, wie lieb ich ihn habe, wie gut ich ihm schaue, wie pfleglich ich mit ihm umgehe. Einen Körper hassen, der soviel ertragen, erduldet, überstanden hat, das ist unmöglich!
Solche Erkenntnisse muss man zuweilen bitter erfahren… Ich kann euch nur sagen: lasst es nicht soweit kommen. Liebt eure wunderbaren einzigartigen Körper aus tiefstem Herzen, mit allem, was ihr daran schön und weniger schön findet. Liebt euch selber, es ist die beste Versicherung, die ihr abschliessen könnt!